Was ist ein Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurg?
Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgen (MKG) sind hochspezialisierte Humanmediziner. Sie haben ein doppeltes Studium und doppelte Approbation (staatliche Zulassung) einmal in Medizin, dann in Zahnmedizin. Danach folgt eine Weiterbildung zum Fachzahnarzt in fünf Jahren, vier davon fachspezifisch. Bis zu einem Jahr kann in der Oralchirurgie absolviert werden, je ein Jahr in verwandten Fachbereichen (Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde, Neurochirurgie oder ähnliche). In der MKG-Chirurgie geht es um Erkrankungen, Verletzungen und Missbildungen von Kiefern, Zähnen, der Mundhöhle und des Gesichtes. Dabei wird die Funktion, aber auch die Ästhetik berücksichtigt. Typische Aufgaben sind beispielsweise die operative Entfernung von fehlgelagerten Weisheitszähnen, Zahnimplantationen, chirurgische Eingriffe bei Kiefergelenkerkrankungen oder Fehlstellungen, Korrekturen von Lippen-, Kiefer-, Gaumenspalten, die Tumorchirurgie im Gesichts- und Mundbereich, die plastisch-rekonstruktive Chirurgie des Gesichtes (nach Unfällen, Tumorerkrankungen oder bei Missbildungen), aber auch die ästhetische Chirurgie (Facelift, Nasen- oder Lidkorrekturen). Die oft synonym verwendete Bezeichnung „Kieferchirurg“ greift damit in der Regel zu kurz.
In Deutschland waren nach Informationen des Ärzteblatts (Stand 2023) 1.883 Fachärzte für MKG aktiv tätig, 1.342 ambulant, 462 stationär in einer Klinik. Die Deutsche Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (DGMKG e.V.) ist eine einschlägige Fachgesellschaft, die nach eigenen Angaben aktuell etwas mehr als 1.900 Vollmitglieder hat. Sie bietet qualifizierte Fortbildungen sowie Beratungen in komplexen Fällen (Röntgenbilder und Mundschleimhaut-Befundungen) an. (weitere Infos)
Wie läuft die Aus- und Weiterbildung zum Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgen ab?
Zunächst müssen künftige Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgen ihr Doppelstudium gut planen. Die zuständige Fachgesellschaft DGMKG rät, mit dem Studium der Humanmedizin zu beginnen, weil Teile davon auf das Studium der Zahnmedizin anrechenbar sind. In einigen Bundesländern ist es darüber hinaus möglich, schon mit der Approbation (staatliche Zulassung) in der Humanmedizin die geforderten Weiterbildungselemente zum MKG-Chirurgen zu starten. Denn die Approbation in der Zahnmedizin muss erst zum Ende der Weiterbildung nachgewiesen werden. Somit kann das Zahnmedizin-Studium parallel zur Weiterbildung laufen. (weitere Infos)
Nach Beendigung des Studiums steht zunächst ein praktisches Jahr als Allgemeinzahnarzt an. Von den weiteren vier Jahren fachspezifischer Weiterbildung können zwei Jahre im ambulanten Bereich abgeleistet werden. Der sogenannte Stationsdienst findet überwiegend an großen Kliniken statt. Entscheidend ist, dass die Facharzt-Anwärter eine umfangreiche Bandbreite an Operationen im Gesichtsbereich kennenlernen. Neben Kliniken können auch andere Einrichtungen oder Arztpraxen eine entsprechende Weiterbildungsberechtigung haben.
Bereits absolvierte Weiterbildungen (beispielsweise im Fachbereich Oralchirurgie und einem weiteren Gebiet, etwa Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde oder Neurochirurgie) können bis zu jeweils zwölf Monaten angerechnet werden. Genaueres regeln jedoch die Zahnärztekammern der Länder.
In der Weiterbildungsordnung zum Kieferchirurgen ist der Erwerb von zahlreichen Kenntnissen („kognitive Kompetenzen und Methodenkompetenzen“) und Handlungskompetenzen („Erfahrungen und Fertigkeiten“) vorgesehen. Außerdem muss ein sehr umfangreicher Operationskatalog erfüllt werden. Im Fokus steht dabei der gesamte Zahnhalteapparat, Kiefer, die Mundhöhle, der Gesichtsschädel und auch die Speicheldrüsen. Alle Inhalte sind in einem sogenannten Logbuch zu dokumentieren. Nach Abarbeitung aller Punkte wird der Kandidat zu einer mündlichen Prüfung zugelassen. Erst wenn diese bestanden ist, erhält er die Facharzt-Urkunde. Das berechtigt den Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgen, sich als Vertragsarzt der gesetzlichen Kassen mit eigener Praxis niederzulassen. (weitere Infos)
Was lernt ein Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurg?
Übergreifende Inhalte der Facharzt-Weiterbildung in der MKG-Chirurgie sind neben der Kenntnis von Gesetzen, Verordnungen und Richtlinien ebenso Wissen über OP-Risiken, Wundheilung und Narbenbildung. Dazu kommen praktische Erfahrungen in chirurgischen Techniken (inklusive Laser), und ergänzende Behandlungen vor und nach Operationen, etwa Wundversorgung oder Sondenernährung. Zusätzlich sind mindestens fünf wissenschaftlich begründete Gutachten zu erstellen.
Im Bereich der sogenannten „dentoalveolären Chirurgie“ (Mundhöhle, Zähne und Zahnhalteapparat betreffend) müssen mindestens 200 Eingriffe nachgewiesen werden. Das können operative Entfernungen von verlagerten Zähnen (meist Weisheitszähnen) sein, aber auch Implantationen oder die chirurgische Zahnerhaltung, etwa durch Wurzelspitzenresektionen.
Im Bereich Traumatologie und Notfälle lernt der angehende Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurg die Behandlung schwerer Verletzungen (Kiefer- und Schädelbrüche, ausgeschlagene Zähne) einschließlich Intubationen und Reanimationen kennen. Rund 100 solcher Eingriffe müssen nachgewiesen werden.
Zusätzlich sind entzündliche und infektiöse Erkrankungen zu behandeln, unter anderem Operationen zur Entfernung kranken Gewebes. Auch hier sind 100 Eingriffe vorgeschrieben.
Darüber hinaus beschäftigt sich der angehende Facharzt mit Fehlbildungen und Formstörungen der Zähne, des Gesichtes und des Schädels. Häufig sind die hochkomplexen Behandlungen von Lippen-Kiefer-Gaumenspalten oder Fehlbisslagen. Auch bei degenerativen Erkrankungen (beispielsweise des Kiefers oder von Knochen zur Vorbereitung von Implantationen) ist der MKG-Chirurg im Einsatz. Ebenso findet sich der adäquate Umgang mit Tumorerkrankungen im Weiterbildungs-Logbuch. Es sind Kenntnisse über spezielle diagnostische und therapeutische Techniken (Chemotherapie), aber auch Erfahrungen mit Biopsien und Tumorentfernungen gefordert.
Außerdem erwirbt der künftige Facharzt Kenntnisse und praktische Erfahrungen mit funktionellen Störungen, etwa bei der Beweglichkeit des Kiefers oder im Kiefergelenk. Darüber hinaus sind Kenntnisse in unterschiedlichen diagnostischen Verfahren erforderlich, insbesondere komplexes zwei- und dreidimensionale Röntgen (DVT) und sonographische Untersuchungen (Doppler-/Duplex-Sonographien). Es sind jeweils 200 Untersuchungen nachzuweisen. Zusätzlich müssen Spezialkenntnisse über Anästhesie- und Schmerztherapieverfahren im Kopf- und Halsbereich vorliegen, inklusive Eingriffen an peripheren Gesichtsnerven.
Ein wichtiger Bereich sind in neuerer Zeit schlafbezogene Atemstörungen geworden. Hier hat der MKG-Chirurg seinen Platz in der interdisziplinären Therapieplanung und bei nötigen Eingriffen zur Erweiterung der Atemwege. Darüber hinaus müssen auf dem Gebiet der Wiederherstellungschirurgie 50 Operationen nachgewiesen werden, beispielsweise die Beseitigung von Gewebedefekten (Lappenplastiken) oder Ohrmuschelanlegeplastiken.
Früherkennungsuntersuchungen zu Tumoren, Beratung in der Prävention aber auch die sogenannte „Defektprothetik“ mithilfe plastisch-chirurgischer Rekonstruktion oder mithilfe von Implantaten stehen ebenfalls in der Weiterbildungsordnung, allerdings ohne der Vorgabe von Fallzahlen. (weitere Infos)
Gibt es weitere Spezialisierungen als Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurg?
Nach der mehrjährigen Weiterbildung zum Facharzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie gibt es weitere Möglichkeiten, Schwerpunkte zu setzen. Das kann in der praktischen Arbeit oder durch Fortbildungen geschehen, aber auch durch ein postgraduales Studium.
Die Deutsche Gesellschaft für Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgie (DGMKG e.V.) bietet beispielsweise zahlreiche zertifizierte Fortbildungen an, beispielsweise zur Ästhetischen Gesichtschirurgie oder Curricula zu Implantologie oder Parodontologie (weitere Infos). Dazu kommen postgraduale Master-Studiengänge (M. Sc.), ebenfalls für Implantologie und Parodontologie sowie für Ästhetische Gesichtschirurgie. Letztere müssen mit einer relativ aufwendigen Masterthesis abgeschlossen werden. (weitere Infos)