Kinderzahnheilkunde

Was behandeln spezialisierte Kinderzahnärzte?

Die Kinderzahnheilkunde ist ein sogenanntes Querschnittsfach. Kenntnisse in Kieferorthopädie, Karies- und Wurzelbehandlung oder Traumatologie können auf diese spezielle Zielgruppe übertragen werden. Grundsätzlich bekommt jeder Zahnmediziner eine theoretische Basis und praktische Techniken für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen an die Hand. Dennoch gilt: Kinder sind keine kleinen Erwachsenen, haben besondere psychische sowie körperliche Bedürfnisse und sind oftmals nicht sehr kooperativ.

Daher ist es das Ziel eines guten Kinderzahnarztes - neben erfolgreicher Vorbeugung, Behandlung und Nachsorge - den Praxisbesuch für Kinder zu einem positiven Erlebnis zu machen. Dazu gehören Spielflächen zum Stressabbau, ablenkende Gestaltung des Behandlungsraums (teils mit Bildschirmen an der Decke) sowie positive, kindgerechte Erklärungen. Es ist von Vorteil, wenn Behandler erfahren sind und zügig arbeiten können.

Regelmäßige Zahnchecks sind schon bei Kindern enorm wichtig. Die Deutsche Gesellschaft für Kinderzahnheilkunde (DGKiZ) empfiehlt, die erste Kontrolluntersuchung bereits bei einjährigen Kindern durchzuführen, rund sechs Monate nach dem Durchbruch des ersten Milchzahnes. Milchzähne haben einen dünneren Zahnschmelz. Karies breitet sich daher schneller aus, kann große Schmerzen und Nervenentzündungen verursachen. Ist es schon so weit gekommen, muss schnell und ohne große psychologische Vorbereitung behandelt werden. Daher lohnt sich die stressfreiere Vorsorge.

Kariesbakterien im Mund können zu einer Belastung fürs Immunsystem anwachsen. Werden kariöse Milchzähne nicht behandelt, kann es überdies zu Schäden an den bleibenden Zähnen kommen. Milchzähne sind auch Platzhalter. Geht einer vorzeitig verloren, kann dies zu Fehlstellungen und falschem Biss führen. Daher werden manchmal sogar Kinderprothesen nötig. Denn vom Milchgebiss bis zur vollständigen Entwicklung des bleibenden Gebisses dauert es rund zwölf Lebensjahre.

Bei bleibenden Zähnen kann ein Schmelzdefekt, eine Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation (MIH), zu einer besonderen Anfälligkeit für Karies führen. Dieses Krankheitsbild wird in der Kinder- und Jugendzahnheilkunde immer häufiger nach dem Zahnwechsel beobachtet. Die Ursachen sind weitgehend unbekannt. Die sogenannten Kreidezähne sind fleckig, porös und oft extrem temperaturempfindlich. Hier ist eine besonders frühzeitige Behandlung angebracht, um Schmerzen zu vermeiden und so viel Zahnsubstanz wie möglich zu erhalten. Bei leichten Formen von MIH genügt eine Fissurenversiegelung. Bei schweren Formen sind Füllungen oder sogar Zahnkronen angezeigt. Unterstützend ist eine besonders konsequente Zahnpflege hilfreich.

Kinderzahnärzte verfügen über Instrumente, Geräte und Ausstattung in Kindergrößen. Vielfach werden spezielle Arten der Schmerzausschaltung gewählt, beispielsweise eine Oberflächenanästhesie vor der eigentlichen Lokalanästhesie. Damit ist der Pieks der Spritze nicht spürbar. Außerdem ist die Lachgassedierung in der Kinderzahnheilkunde von großem Wert. Sie wirkt angstlösend und beruhigend. Damit können oft Vollnarkosen vermieden werden, die mit größeren Risiken behaftet sind. Dennoch kann es gerade bei kleineren Kindern oder großem Behandlungsbedarf sinnvoll sein, in Allgemeinanästhesie zu behandeln. Dazu sind dann entsprechende Räume und ausgebildete Anästhesisten nötig.

Wie findet man einen guten Kinderzahnarzt?

Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten für Zahnärzte, sich auf Kinder- und Jugendzahnheilkunde zu spezialisieren. Um einen sogenannten Tätigkeitsschwerpunkt zu führen, müssen normalerweise eine oder mehrere qualifizierende Maßnahmen nachgewiesen werden. Im Normalfall ist das eine strukturierte Kursserie (Curriculum) über einen längeren Zeitraum. Zusätzlich ist eine langjährige, nachhaltige Tätigkeit in der Kinder- und Jugendzahnheilkunde nötig.

Manche Zahnärztekammern bieten Fortbildungen mit dem Ziel eines sogenannten Kammerzertifikats an zum Beispiel in Hessen. (weitere Infos) Darüber hinaus gibt es aber auch Fortbildungsanbieter, die eigene Curricula konzipiert haben. Dauer, Inhalte und auch Kosten können stark variieren. Den höchsten Standard vermitteln üblicherweise Curricula der Deutschen Gesellschaft für Kinderzahnmedizin (DGKiZ e.V.) oder von Institutionen, die sich stark daran orientieren.

Es ist sinnvoll, sich vorab auf den jeweiligen Webseiten über Qualifikationen und Spezialisierungen von Kinderzahnärzten zu informieren.

Welche Zertifizierungen gibt es für Kinderzahnärzte?

Die Deutsche Gesellschaft für Kinderzahnmedizin (DGKiZ e.V.) existiert als eigenständige wissenschaftliche Fachgesellschaft seit 2013. Vorläufer waren in der ehemaligen DDR die Deutsche Gesellschaft für Kinderzahnheilkunde sowie ab 1994 eine gesamtdeutsche Gesellschaft für Kinderzahnheilkunde und Primärprophylaxe in der DGZMK (GKP). Als Ziel in der Fachwelt galt lange ein sogenannter Familienzahnarzt. Die Spezialisierung auf Kinderzahnmedizin ist also vor allem in den westlichen Bundesländern relativ neu. (weitere Infos)

Die DGKiZ setzt sich vor allem für die Entwicklung, Umsetzung und Überprüfung von Qualitätsrichtlinien speziell in der Kinderbehandlung sowie für hochwertige Fortbildungsmöglichkeiten ein. Besondere Herausforderungen sieht man in der Prävention und Behandlung frühkindlicher Karies. (weitere Infos)

  • Als Flaggschiff unter den Fortbildungen gilt das „Curriculum Kinder- und Jugendzahnmedizin der DGKiZ“, veranstaltet von der Akademie für Praxis und Wissenschaft (APW). Diese Kursreihe gibt es seit über 20 Jahren. Sie umfasst insgesamt 150 Fortbildungsstunden, die berufsbegleitend in zehn Wochenendkursen gestaffelt sind. Gelehrt werden darin unter anderem die Psychologie des Kindes, Prävention, Restaurative Therapie, Endodontologie (Zahnwurzelbehandlung) und prothetische Maßnahmen, Überwachung der Gebissentwicklung und Betreuung von Kindern mit Behinderungen. Darüber hinaus müssen drei komplexe Behandlungsfälle dokumentiert und eingereicht werden. Ist das Abschlussgespräch erfolgreich bestanden, erhalten DGKiZ-Mitglieder das „Zertifikat für Kinder- und Jugendzahnmedizin DGKiZ/APW“. Dieses muss alle fünf Jahre durch den Nachweis einschlägiger Fortbildungsveranstaltungen rezertifiziert werden.
  • Darüber hinaus ist ein weiterer zertifizierter Titel zu erwerben: „Zahnarzt mit Zusatzqualifikation in Kinder- und Jugendzahnmedizin der Deutschen Gesellschaft für Kinderzahnmedizin (DGKiZ)“.  Dieser dokumentiert vertieftes Wissen, überdurchschnittliche praktische Fähigkeiten sowie wissenschaftlich Tätigkeit im Fachbereich. Voraussetzung für das Spezialisierungsprogramm ist neben der Mitgliedschaft eine mindestens sechsmonatige klinisch-praktische Berufserfahrung. Danach ist eine mindestens dreijährige Tätigkeit an einer anerkannten Universitätsklinik gefordert. Dazu gehören Einsätze in der Aus- und Fortbildung sowie mindestens drei wissenschaftliche Publikationen. Zusätzlich muss ein umfangreicher Leistungskatalog mit Fallzahlen dokumentiert werden, beispielsweise Intensivprophylaxe bei Patienten mit erhöhtem Kariesrisiko, Restaurationen im Milch- und Wechselgebiss inklusive Therapie vom Zähnen mit MIH, Wurzelbehandlungen, weitere therapeutische Maßnahmen  wie Fissurenversiegelung, Platzhalter oder chirurgische Eingriffe, Planung und Durchführung von Therapien bei unkooperativen Patienten sowie umfassende Gebisssanierungen in Intubationsnarkose (ITN) oder unter Sedierung. Dazu müssen zwölf Behandlungsfälle nach bestimmten Vorgaben dokumentiert und eingereicht werden. Am Schluss steht ein Kolloquium über die gesamte Bandbreite der Kinder- und Jugendzahnmedizin. Innerhalb von sechs Monaten nach der Spezialisierung wird erwartet, dass ein Manuskript aus dem jeweiligen Forschungsgebiet für die Fachzeitschrift „Oralprophylaxe und Kinderzahnmedizin“ eingereicht wird. (weitere Infos)

Was bedeutet ein Master in Kinderzahnheilkunde?

Nach dem normalen Zahnmedizin-Studium ist ein Aufbaustudium zur weiteren Spezialisierung auf Kinderzahnmedizin möglich. In Deutschland existierten zwei derartige Masterprogramme an (M. Sc.). Die Kosten liegen zwischen 20.000 und 23.000 Euro.

Die Universität Greifswald hat den berufsbegleitenden Studiengang (international: Master in Pediatric Dentistry) in Kooperation mit der Deutschen Gesellschaft für Kinderzahnheilkunde konzipiert. Er dauert zweieinhalb Jahre. Die Module finden verteilt über ganz Deutschland mit nationalen und internationalen Referenten statt. Ziel ist es, die Behandlung von Kindern auf das Niveau eines Fachzahnarztes zu heben. Die Studenten müssen für das Workplace-Learning die Möglichkeit haben, selbstständig Patienten zu behandeln. Abschlüsse sind das Diploma (ohne Masterarbeit) nach vier Modulen oder der Master of Science (mit Masterarbeit). (weitere Infos)

Die Justus-Liebig-Universität Gießen und der Philipps-Universität Marburg bieten zusammen ein weiteres berufsbegleitendes Aufbaustudium Kinderzahnheilkunde an. Es erstreckt sich insgesamt über sechs Semester. Dafür müssen neun Module absolviert und bestanden werden. Die letzten beiden Module im fünften und sechsten Semester widmen sich der abschließenden wissenschaftlichen Masterthesis. (weitere Infos)

In Luxemburg kann man an der University for Digital Technologies in Medicine and Dentistry berufsbegleitend in vier Semestern einen Master in Kinderzahnheilkunde erwerben. Auch hier müssen einzelne Module bestanden und eine Masterthesis verfasst werden. Dazu kommt eine mündliche Abschlussprüfung. Die Kurssprache ist Englisch. (weitere Infos)

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