Was behandeln spezialisierte Zahnärzte für Funktionstherapie?
Zahnärzte für Funktionsanalyse und -therapie beschäftigen sich schwerpunktmäßig mit Fehlfunktionen des Kauorgans. Der Fachbegriff ist Craniomandibuläre Dysfunktion (CMD). Wenn das harmonische Zusammenspiel von Zähnen, Kiefer und Muskulatur gestört ist, kann dies zu verschiedenen Beschwerden führen. Krankheitsbilder sind beispielsweise Fehlbisslagen, aber auch überlastete und schmerzende Kaumuskulatur, Probleme im Kiefergelenk mit Schmerzen, Knacken und Blockaden, welche die Mundöffnung einschränken. Unter anderem durch massives Zähneknirschen oder Zähnepressen können einzelne, alle oder Gruppen von Zähnen vorzeitig abgenutzt oder überlastet werden.
Kein Gebiss ist perfekt. Kleinere oder zeitweise Abweichungen sind normal. Einfache Aufbiss-Schienen bei Zähneknirschen oder Zahnersatz können üblicherweise von jedem Zahnarzt gefertigt werden. Wenn es jedoch bei massiven Beschwerden oder Zahnschäden um die Ursachenforschung und die Wiederherstellung des harmonischen Zusammenspiels im Kausystem geht, kann sich ein Experte für Funktionsanalyse oder -diagnostik empfehlen.
Ein Patentrezept in der Funktionsanalyse und -therapie gibt es nicht. Denn Störungen im Bereich von Zähnen, Kiefergelenk und Muskeln äußern sich meist erst nach längerer Zeit. Die Ursachen sind sehr individuell. Oftmals sind speziell gefertigte Schienen im Einsatz, um den Biss zu regulieren, Kiefergelenke und Muskeln zu entlasten. Exakte funktionsanalytische Messverfahren können auch bei der optimalen Anpassung von Zahnersatz hilfreich sein. Oftmals gibt es ein interdisziplinäres Überweisungs-, und Kooperationskonzept, beispielsweise im Zusammenspiel mit Kieferorthopäden, Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgen oder auch mit spezialisierten Physiotherapeuten.
Wie findet man einen guten Zahnarzt für Funktionstherapie?
Grundsätzlich berücksichtigt jeder ausgebildete Zahnarzt funktionale Kriterien bei Zahnbehandlungen. Spezialisierte Zahnmediziner können jedoch einen sogenannten Tätigkeitsschwerpunkt im Bereich Funktion ausweisen. Dieser kann je nach Gewichtung von Therapieformen und zulässigen Bezeichnungen in den jeweiligen Kammerbezirken sehr unterschiedlich benannt sein, beispielsweise: „Funktionstherapie/Kiefergelenksbehandlung“, „Funktion und Prothetik“, „Funktion/Prothetik CMD-Therapie“, „Funktionsanalyse und Schienentherapie“ oder „Ganzheitliche Funktionsdiagnostik“.
Insgesamt gilt, dass für die Ausweisung eines Tätigkeitsschwerpunktes mehrere Jahre Erfahrung und eine erhebliche Zahl von Behandlungsfällen nachgewiesen sein müssen. In der Regel nimmt ein Tätigkeitsschwerpunkt rund 30 Prozent der Praxistätigkeit ein. Die Zahnärztekammern verlangen zudem meist den Nachweis von einschlägigen Fortbildungen. Das sind oftmals strukturierte Kursserien über einen längeren Zeitraum, ein sogenanntes Curriculum. Zahlreiche Fortbildungsinstitutionen bieten Curricula im Bereich Funktionsdiagnostik, Funktionsanalyse oder Funktionstherapie an. Inhalte, Dauer und Kosten variieren.
Welche Zertifizierungen gibt es bei Zahnärzten für Funktionstherapie?
Die Deutsche Gesellschaft für Funktionsdiagnostik und -therapie (DGFDT e.V.) vertritt als wissenschaftliche Fachgesellschaft die zahnärztlichen Experten ihres Bereichs . Sie wurde 1967 gegründet und ist nach eigenen Angaben weltweit die größte in ihrem Fachbereich. (weitere Infos)
Das Curriculum „Funktion, Dysfunktion, CMD und Schmerz (DGFDT/APW)“ ist in der Zusammenarbeit mit der Akademie Praxis und Wissenschaft (APW) und weiteren relevanten Fachgesellschaften erarbeitet worden. Als Leitsymptom zur Vermittlung zwischen den einzelnen Fächern wurden Funktionseinschränkungen und Schmerzen gewählt. Diese Kursserie umfasst 20 Fortbildungstage mit rund 120 Stunden, unter anderem zur erweiterten Diagnostik mit bildgebenden Verfahren und zu komplexen Therapien. Um zum Abschlussgespräch zugelassen zu werden, sind drei Patientenfälle zu dokumentieren und einzureichen. Die zertifizierte Fortbildung muss nach fünf Jahren mit 250 einschlägigen Fortbildungspunkten erneuert werden. (weitere Infos)
Seit 2004 können sich Mitglieder als geprüfte „Spezialisten für Funktionsdiagnostik und -therapie (DGFDT)“ zertifizieren lassen. Damit wurde unter anderem darauf reagiert, dass bisher selbst an den Universitätskliniken keine speziellen Abteilungen für Patienten mit CMD existieren. Auch in schweren Fällen liegt also die Behandlung bei den niedergelassenen Zahnärzten. Um deren Kenntnisse und praktischen Kompetenzen nach außen zu dokumentieren, wurde ein umfangreiches Zertifizierungsverfahren eingerichtet. Dafür muss eine mindestens zweijährige Tätigkeit an einem anerkannten Ausbildungszentrum der DGFDT oder eine vierjährige zahnärztliche Tätigkeit mit dem Schwerpunkt Funktionsdiagnostik und Therapie nachgewiesen werden. Insgesamt müssen mindestens 100 Patienten fachspezifisch betreut worden sein. Davon sind 20 Fälle mit funktionstherapeutischer Behandlung und fünf mit restaurativer oder kieferorthopädischer Behandlung lückenlos zu dokumentieren. Dazu kommen zwei wissenschaftliche Veröffentlichungen oder Tagungsbeiträge und die aktive Teilnahme an Fortbildungskursen und Fachtagungen mit Vorträgen oder Postern. Abschließend ist noch eine Prüfung zu bestehen. (weitere Infos)
Was bedeutet ein Master in Zahnmedizinischer Funktionstherapie?
Nach dem eigentlichen Zahnmedizin-Studium können sich Zahnärzte auch im Fachbereich der Funktionstherapie weiter akademisch spezialisieren. Seit einigen Jahren gibt es dafür Ausbaustudiengänge zum international anerkannten Master of Science (M.Sc.) oder Master of Dental Science (M.D.Sc.) mit Kosten zwischen 20.000 und knapp 30.000 Euro. DGFDT-Mitglieder mit einem Master of Science sind von der DGFDT als Spezialisten anerkannt.
Der berufsbegleitende Masterstudiengang Zahnmedizinische Funktionsanalyse und -therapie (M.Sc.) ist zwar an der Universität Greifswald angesiedelt, findet aber in fünf Modulen bundesweit an verschiedenen Standorten statt. Die Teilnehmer müssen die Möglichkeit haben, selbstständig Patienten zu behandeln, um das sogenannte Workplace-Learning zu absolvieren. In zwei Jahren werden den Zahnärzten spezielles Fachwissen und die Fähigkeit zur interdisziplinären Zusammenarbeit vermittelt. Die erlernten modernen Methoden und Techniken können unmittelbar in die Behandlungsabläufe des Praxis- und Klinikalltags integriert werden. Am Schluss steht eine umfangreiche Masterthesis, die in einem wissenschaftlichen Fachgespräch (Kolloquium) verteidigt werden muss. (weitere Infos)
Außerdem hat die Informations- und Fortbildungsgesellschaft für Zahnheilkunde GmbH (ZÄT-Info) im Münsterland in Kooperation mit der medizinischen Universität Innsbruck einen postgraduellen Aufbaustudiengang entwickelt. Er schließt mit dem „Master of Dental Science (M.D.Sc.) Craniomandibuläre und muskuloskelettale Medizin (CMM)“ ab. Zielgruppen sind sowohl Zahn-, als auch Humanmediziner. In sieben Modulen werden die Kenntnisse zu Diagnostik und therapeutischen Techniken praktisch vermittelt und intensiv trainiert.
Auch dieser Studiengang erstreckt sich berufsbegleitend über vier Semester. Voraussetzung für die Abschlussprüfung mit Masterthesis und Kolloquium ist das Bestehen einer theoretischen Gesamtprüfung. Im Kolloquium muss zusätzlich ein komplexer Patientenfall gut dokumentiert vorgestellt werden. (weitere Infos)