Was behandeln spezialisierte Zahnärzte für Senioren?
In einer alternden Gesellschaft wird die Spezialisierung von Zahnärzten auf das Gebiet der Alters- beziehungsweise Seniorenzahnmedizin immer wichtiger (Fachbegriff: Gerostomatologie). Die Menschen leben länger und behalten dabei die eigenen Zähne oft bis ins hohe Alter. Grundsätzlich kann jeder Zahnarzt Zahnprobleme und Defekte behandeln sowie Lösungen in der Prothetik anbieten. Doch gerade für Ältere mit besonderen Bedürfnissen (Einschränkungen in der Mobilität, Feinmotorik, Demenz) kann ein Seniorenzahnarzt eine gute Wahl sein.
Mundgesundheit und Funktion sollen in jedem Fall so lange wie nur möglich gewährleistet werden. Nicht nur für die Ernährung, sondern auch für die Lebensqualität ist dies wichtig. Auch wenn aufgrund guter Prävention die Zahnsubstanz erhalten bleibt, sind oftmals Abnutzungserscheinungen (Abrasionen, Erosionen, Zahnhalsdefekte), Zahnfleischrückgang, Wurzelkaries und Parodontitis (als Hauptursache für Zahnverlust) zu behandeln. Gehen die natürlichen Zähne in hohem Alter verloren, muss unter anderem berücksichtigt werden, dass die Pflege von Zahnersatz durch abnehmende manuelle Geschicklichkeit oder kognitive Einschränkungen erschwert sein kann.
Die Mund- und Zahngesundheit hat auch Auswirkungen auf die Allgemeingesundheit. Daher verstehen sich qualifizierte Experten für Alterszahnmedizin als Teil eines interdisziplinären Teams (zusammen mit Pflegekräften und Angehörigen).
Allerdings ist die Gruppe der Älteren nicht homogen. Beispielsweise gibt es die fitten Senioren, die selbstbewusste Ansprüche an Funktionalität und Ästhetik in der Zahnmedizin stellen. Dann sind da gebrechliche Patienten zu versorgen, die besondere Hilfestellung brauchen, unter anderem in der häuslichen Mundpflege. Und schließlich müssen Pflegebedürftige vor Ort behandelt werden. Darum bieten manche Gerostomatologen Haus- oder Altenheimbesuche an. Auf Senioren spezialisierte Praxen sind in der Regel barrierefrei.
Wie findet man einen guten Seniorenzahnarzt?
Die bundesdeutschen Zahnärztekammern haben die Bedeutung der Alterszahnmedizin erkannt und bieten strukturierte Kursserien (Curricula) zur Fortbildung an. Auch bei privaten Instituten gibt es derartige Veranstaltungen. Dauer, Umfang und Inhalte variieren stark. Ein „Tätigkeitsschwerpunkt Alterszahnmedizin“ oder Alterszahnheilkunde ist nur in einigen Kammerbezirken anerkannt (Baden-Württemberg, Bayern, Bremen, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Saarland, Schleswig-Holstein, Westfalen-Lippe). Der Titel kann nicht allein durch eine Fortbildung erworben werden. Dazu muss der Zahnarzt besondere Erfahrung und eine nachhaltige Tätigkeit über mindestens zwei Jahre im Bereich Alterszahnheilkunde nachweisen. Andernfalls können berufs- und wettbewerbsrechtliche Konsequenzen drohen. Darüber hinaus gibt es Zertifizierungen durch die Deutsche Gesellschaft für Alterszahnmedizin DGAZ e.V.
Welche Zertifizierungen gibt es für Seniorenzahnärzte?
Die einzige deutsche Fachgesellschaft für Alterszahnmedizin wurde 1990 als Arbeitskreis für Gerostomatologie e. V. (AKG) gegründet. 2006 gab sie sich den heutigen Namen: Deutsche Gesellschaft für Alterszahnmedizin e.V. (DGAZ). Die DGAZ ist assoziiertes Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde und hat knapp 800 Mitglieder. Ein Ziel ist die Förderung der wissenschaftlichen Seniorenzahnmedizin. Bereits 2008 wurden Zertifizierungen zur Sicherstellung von adäquaten, qualitativ hochwertigen Behandlungen eingeführt.
- Neben einzelnen bundesweiten Fortbildungsveranstaltungen bietet die DGAZ zusammen mit der Akademie Praxis und Wissenschaft (APW) ein „Curriculum Seniorenzahnmedizin DGAZ/APW“ an. Die strukturierte Kursserie umfasst 72 Fortbildungsstunden mit abschließendem Kolloquium und Zertifikat (Kosten rund 2.600 Euro). Es geht unter anderem um spezielle altersindizierte Erkrankungen zahnmedizinischer, aber auch allgemeiner Art, medizinische und zahnmedizinische Pharmakotherapie, spezielle Therapieplanung, Defektversorgung, Prothetik mit und ohne Implantate, mobile Zahnmedizin, Anforderungen an eine altersgerechte, zahngesunde Ernährung sowie die Diskussion von Patientenfällen über den Horizont der zahnmedizinischen Betrachtung hinaus. Um zum Abschlusskolloquium zugelassen zu werden, müssen fünf eigene Patientenfälle oder alternativ ein Betreuungskonzept für ein Pflegeheim eingereicht werden.
- Einschlägig fortgebildete Zahnärzte können sich in einem Prüfungsverfahren zum „Spezialisten für Seniorenzahnmedizin (DGAZ)“ zertifizieren lassen. Dazu müssen die Zahnmediziner Mitglieder der Fachgesellschaft sein und ab der staatlichen Zulassung (Approbation) fünf Jahre in ihrem Beruf tätig gewesen sein. Ist kein anerkanntes Curriculum absolviert, sind im Zeitraum von fünf Jahren mindestens 128 einschlägige und qualitativ hochwertige Fortbildungsstunden nachzuweisen, alternativ 15 Referate bei wissenschaftlichen Veranstaltungen. Zusätzlich sind entweder zehn dokumentierte Patientenfälle oder ein selbst entwickeltes Schulungs-, Praxis-, Betreuungs- oder Fortbildungskonzept einzureichen. Abschließend wird eine mündliche Prüfung verlangt. Die Zertifizierung muss nach sieben Jahren erneuert werden. Dazu werden mindestens 40 fachbezogene Fortbildungsstunden oder eine sechsmalige Tätigkeit als Referent verlangt. (weitere Infos)
- Auch zahnmedizinische Fachangestellte (Assistenzen) können sich in einem Curriculum Seniorenzahnmedizin zertifizieren lassen. Ein Schwerpunkt liegt unter anderem auf der mobilen Arbeit. (weitere Infos)
- Die DGAZ kann nach einem klaren Prüfprotokoll das Siegel „Seniorengerechte Praxis“ oder „Seniorengerechte Klinik“ vergeben. Dieses ist personen- und einrichtungsbezogen. Verlässt der zertifizierte „Spezialist für Seniorenzahnmedizin“ die Praxis oder Klinik, verliert diese das Siegel. Ansonsten ist es sieben Jahre gültig und muss danach rezertifiziert werden. Geprüft werden unter anderem die leichte Auffindbarkeit der Praxis (Kennzeichnung von außen, gut erkennbare Hausnummer, Beleuchtung), die Ausrichtung auf Rollstuhlfahrer und Menschen mit Rollatoren, Leichtgängigkeit von Türen, Lautstärke und Dauer von elektrischen Entrieglern („Summer“), groß geschriebene Unterlagen oder Praxisanweisungen zur regelmäßigen Aktualisierung allgemeinmedizinischer Befunde. (weitere Infos)