Geschichte der Zahnmedizin

Seit wann gibt es Zahnärzte?

Erste Spuren medizinischer Zahnbehandlungen entdeckte man in einer Felsenhöhle in Norditalien. Bei einem männlichen Individuum wurde von rund 14.000 Jahren mit einer spitzen Steinklinge Karies entfernt. Ebenso weisen Funde aus dem Gebiet des heutigen Pakistans – aus dem ersten Jahrtausend vor Christus – auf Kariesbehandlungen hin. Auch wenn sicher noch keine Zahnärzte im heutigen Sinn tätig waren, gab es Füllungen aus Bienenwachs, im alten Ägypten teils aus Harzen, Malachit und Pflanzensamen. Bereits bei den Phöniziern (ebenfalls im ersten Jahrtausend vor Christus) existierte Zahnersatz aus Elfenbein, Holz, Tierknochen oder Zähnen von Verstorbenen, welcher mit Golddraht an verbliebenen Zähnen gefestigt wurden. Das verbesserte Aussehen und Aussprache, nicht jedoch die Kaufunktion.

Im „Corpus Hippocraticum“ (Griechenland, Ende des 5. Jahrhunderts vor Christus) ist die Entfernung lockerer Zähne als Therapie gegen Zahnschmerzen genannt. Beim römischen Medizinautor Aulus Cornelius Celsus finden sich erste Hinweise auf eine kieferorthopädische Behandlung. Er fasste frühere medizinische Erkenntnisse aus dem arabischen Raum (Alexandrinische Schule) in acht Büchern zusammen.

Über römische und griechische Gelehrte, aber auch durch die Übersetzerschulen von Toledo und Salerno gelangten Erkenntnisse der Zahnheilkunde in den europäisch-abendländischen Raum. Nach der Völkerwanderungszeit hat man jedoch das Niveau der Antike im frühen Mittelalter nicht erreicht. Priester und Mönche – als Literaturkundige – waren als Ärzte und Zahnärzte tätig. Da ihnen weitgehend blutige Eingriffe verboten wurden, assistierten sogenannte Bader. Diese Berufsgruppe entwickelte sich von den Betreibern von Badehäusern allmählich zu Barbieren, Wundärzten und Naturheilern. Sie übten also (in den Städten) ein handwerkliches Gewerbe aus und bildeten teils Lehrlinge aus. An manchen Orten war ihnen jedoch als Vertreter eines „unehrlichen“ Berufs, der mit Blut und Krankheit in Verbindung stand, die Aufnahme in Zünfte verwehrt. In England existierten bis ins 18. Jahrhundert für Zahnbehandler parallele Verbände von Chirurgen und Barbieren. In ganz Europa kurierten auf dem Land herumreisende „Zahnkünstler“ und „Doctores“ - darunter dubiose Quacksalber - auf Jahrmärkten ihre Kundschaft.

Erst allmählich startete im 18. Jahrhundert in Europa eine selbstständige Zahnmedizin und eine Etablierung des Zahnärztestandes. Vor allem der Franzose Pierre Fauchard legte 1723 mit seinem Buch „Der Zahnarzt oder die Behandlung der Zähne“ die Grundlage für die Zahnheilkunde der Neuzeit. Darin finden sich sowohl Grundlagen der Anatomie als auch Beschreibungen chirurgischer und prothetischer Methoden. Fauchard widerlegte das Märchen vom löcherfressenden Zahnwurm und zeigte, dass Zucker die Zähne angreift. Er empfahl Blei, Zinn und Gold als Füllmaterialien und beschrieb als erster die Symptome der Parodontitis. Auf die Erkenntnisse dieses Standardwerks aufbauend, veröffentlichte Philipp Pfaff (Hofzahnarzt Friedrichs des Großen) 1756 das erste Lehrbuch über Zahnmedizin in deutscher Sprache.

Das Fach Zahnheilkunde hatte es lange schwer, an Universitäten anerkannt zu werden. Es wurde mehr als handwerkliche Orientierung gesehen und litt unter dem Ruf der Wundärzte und Bader. Die Professionalisierung in Deutschland begann im 19. Jahrhundert mit den ersten gesetzlichen Bestimmungen zur Ausübung der Zahnheilkunde und der Einordnung in den Stand der Heilberufe. Ab 1835 musste in Preußen vor der Ausübung des Zahnarztberufes eine zweijährige chirurgische Ausbildung absolviert werden. Mit der Reichsgründung 1871 wurde eine zahnärztliche Prüfungsordnung für ganz Deutschland wirksam. Zwei Jahre später war die Immatrikulation und damit der Zugang zum Universitätsstudium für Zahnärzte nach einheitlichen Kriterien möglich. In manchen deutschen Ländern hatte es allerdings schon vorher ein universitäres Zahnmedizin-Studium gegeben.

Daneben war seit Mitte des 19. Jahrhunderts eine nichtakademische Ausbildung zum Zahnbehandler möglich. Die Berufsbezeichnung „Zahnkünstler“ wich bald dem Begriff „Dentist“. Dies war in der Regel eine Art weitergebildeter Zahntechniker. 1910 umfasste die Ausbildung drei Jahre Lehre bei einem Dentisten, ein Jahr Ausbildung in Prothetik (meist bei einem Zahnarzt), danach zwei Jahre an einem Lehrinstitut. Erst 1952 wurde in der Bundesrepublik diese Ausbildung beendet. Die bis dahin tätigen Dentisten konnten sich mit einem 60-stündigen Fortbildungskurs als Zahnärzte qualifizieren.